Keine Messen und Veranstaltungen mehr vor Ort – und das schon seit mehreren Monaten. Der Wandel der Gesellschaft spielt schon seit längerer Zeit eine Rolle, doch aufgrund der Pandemie veränderten sich in den vergangenen Monaten auch die äußeren Umstände. WAJOS, die Genussmanufaktur aus Rheinland-Pfalz, macht sich diese Veränderungen zu Nutze. Im Januar 2021 veranstalteten sie das erste Online-Gin-Tasting, das ein voller Erfolg war. Was es für diesen Erfolg brauchte und was andere Veranstalter daraus lernen können, erzählt Geschäftsführer Peter Oster im Interview mit Katharina Hieber.
Herr Oster, stellen Sie WAJOS doch bitte kurz vor.
Unser Familienunternehmen ist seit 15 Generationen im Weinbau tätig. Ich selbst bin im Weingut groß geworden – das Ganze steckt also förmlich in meiner DNA. Aus dem Familienweingut heraus, entwickelte sich unsere Genussmanufaktur WAJOS. Diese steht für kreative, leckere und einfach gute Dinge. Wir sind Experten rund um Essige, Öle, Kräuter, Senfe, Saucen, Liköre oder Spirituosen. Da es an der Mosel die größte Weinbaudichte gibt, war es schon immer unser Ziel, aus der Masse herauszustechen. Deshalb legen wir viel Wert auf Erlebnis und wollen zudem mit unseren Produkten über den Geschmack punkten. Aktuell arbeiten bei uns in der Zentrale 75 Personen. Neben zehn eigenen Geschäften haben wir auch fünfzehn Franchisepartner.
Was macht Sie in der Herstellung Ihrer Produkte einzigartig?
Qualität ist in der Weinbranche sehr subjektiv, aber hier suchen wir auch nicht die Konkurrenz. Vielmehr möchten wir durch unser Qualitätsbewusstsein punkten, indem wir einen hohen Anspruch an unsere eigene Qualität haben und ausschließlich ausgewählte gute Zutaten in der Produktion verwenden. Grundsätzlich steht bei uns das Erlebnis im Mittelpunkt. Man soll mit unseren Produkten zu Hause vieles machen können und geschmacklich sollten sie sich von anderen Produkten abheben und im besten Fall natürlich besser schmecken. Wir wollen nicht, dass unsere Kunden erst zwei Stunden in der Küche verbringen müssen, um alles zuzubereiten, sondern es soll möglichst einfach sein.
Wie sind Sie auf die Idee gekommen, ein Online-Gin-Tasting zu veranstalten?
Durch Corona sind wir alle in eine Zwangssituation versetzt worden, in der es gilt, sich neu zu erfinden. Wir haben schon immer viel digital gearbeitet, aber jetzt sind wir auf den Trend aufgesprungen und führen digitale Veranstaltungen durch. Das Online-Gin-Tasting im vergangenen Januar war nicht das erste digitale Event. Im letzten Lockdown haben wir bereits ein Wein- und Genusstasting online durchgeführt, was sozusagen die Geburtsstunde für das digitale Format war. Da wir bereits vor Corona Kochvideos gedreht haben, waren wir es gewohnt vor der Kamera zu stehen und konnten davon profitieren.
Welche Zielgruppe sprechen Sie mit dem Gin-Tasting an?
In unserem Tasting steht neben Wissen und tollen Cocktails vor allem die Unterhaltung im Vordergrund. Jemand der Lust auf einen amüsanten Abend mit Unterhaltung, Interaktion und leckeren Getränken hat, ist bei unserem Gin-Tasting auf jeden Fall gut aufgehoben.
Welche Marketing-Maßnahmen haben Sie durchgeführt, um Ihre Kunden zu erreichen?
Größtenteils haben wir über Facebook für das Tasting geworben, aber auch über Google Adverts und Youtube. Zukünftig planen wir auch, Influencer mit ins Boot zu holen. Mit der Schaltung der Maßnahmen haben wir etwa fünf Wochen vor der Veranstaltung begonnen und diese dann kampagnenmäßig jeden Tag geschaltet. Man muss hier natürlich auch die Werbeausgaben kalkulieren.
Welche Prozesse liefen außerdem im Hintergrund ab, um das digitale Event auf die Beine zu stellen?
Ungefähr acht Wochen vor dem Event begann unsere Planung. Das ist eher etwas kurzfristig, da wir aber wie gesagt eine gewisse Kameraerfahrung mitbrachten, war das ausreichend. Man muss sich im Voraus mit technischen Fragen beschäftigen, also, wie zum Beispiel so eine Sendung produziert wird, aber auch überlegen, wo das ganze stattfindet. Außerdem ist es wichtig, ein gutes Storyboard zu haben und sich dabei auch einen zeitlichen Rahmen zu setzen, damit aus geplanten zwei Stunden für das Tasting nicht vier werden – erzählen könnte man natürlich stundenlang. Da wir auch einen großen Fokus auf das Entertainment legen, gilt es sich zu überlegen, welche Personen man einladen möchte.
Wie konnte man an dem Online-Gin-Tasting teilnehmen und wie lief es ab?
Die Teilnehmer konnten sich auf unserer Website für 39 Euro ein Tastingpaket mit verschiedenen Gin-Sorten und anderen Produkten bestellen. In diesem Paket lag neben einer Einkaufsliste und Anweisungen zur Vorbereitung auch der Zugangslink, über welchen man an dem Abend zu der Live-Übertragung gelangte. Man kann sich das Tasting-Set auch jetzt noch auf unserer Website bestellen und das Video unabhängig von einem bestimmten Termin nachschauen. Bei dem Gin-Tasting ging es uns weniger darum, von den präzisen technischen Details zur Herstellung von Gin zu berichten, sondern mehr um die Unterhaltung und die Sinneseindrücke.
Wie viele Zuschauer waren bei dem Tasting dabei?
Wir hatten rund 4000 zugeschaltete Geräte, was ein großer Erfolg für uns war.
Was denken Sie, waren Gründe für den Erfolg?
Grundsätzlich kann man online wesentlich mehr Menschen erreichen, als wenn man die Veranstaltung vor Ort durchgeführt hätte. Es können nicht nur Personen aus der näheren Umgebung teilnehmen, sondern man kann sich der ganzen Welt mitteilen. Ich denke bei unserem Tasting speziell ist entscheidend, dass es kreativ, lecker und einfach gut ist. Wir hatten tolle Persönlichkeiten wie Star-Barkeeper Nic Shanker und Brennmeister Hubertus Vallendar mit dabei und haben den Teilnehmern eine gute Unterhaltung und ein überraschendes Konzept mit vielen unerwarteten Momenten geboten. Ich denke es ist wichtig, den Menschen das Gefühl zu geben, als würden sie tatsächlich bei mir in der Bar stehen und sie mitzunehmen.
Wie war das Feedback für Ihr Event?
Die Leute haben es einfach gefeiert. Bereits über den Live-Chat während dem Online-Tasting kam durchweg positives Feedback zu uns und auch in persönlichen Gesprächen danach war das Feedback sehr gut. Viele haben sogar gefragt: „Wann ist das nächste Tasting?“, was für uns wohl das beste Feedback war.
Welche Tipps haben Sie für andere Unternehmen, die eine digitale Veranstaltung planen möchten?
Man sollte auf jeden Fall kreativ werden und die Teilnehmer überraschen. Manchmal ist es auch gut, etwas in der Kürze der Zeit zu planen und spontan zu sein.
Haben Sie bereits Pläne für zukünftige Veranstaltungen?
Ja, das nächste digitale Event steht kurz bevor. Am Freitag, den 30.04.2021 werden wir eine Cocktail-Comedy-Night veranstalten. Es wird sehr ähnlich wie unser Gin-Tasting ablaufen und das Konzept wurde noch etwas weiterentwickelt. Der Fokus wird noch mehr auf der Unterhaltung liegen. Während wir beim Gin-Tasting zur Hälfte Wissen vermittelt und zur anderen Hälfte Unterhaltung geboten haben, wird Unterhaltung diesmal etwa 70 Prozent unseres Events ausmachen. Außerdem wird im Cocktail-Set noch mehr Inhalt enthalten sein, so dass es für volle Cocktails für zwei Personen reicht.
Natürlich planen wir auch noch weitere Gin-Tastings. Wir haben so viele Gins im Portfolio, da kann man noch sehr viel machen. Außerdem wird es Ende Mai auch ein Barbecue-Tasting geben.
Denken Sie, solche Online-Tastings haben auch nach Corona noch Erfolgspotential?
Mit Sicherheit. Unsere Gesellschaft ist geprägt von der technischen Weiterentwicklung und die zunehmende Bequemlichkeit führt immer mehr dazu, dass wir alles jetzt und gleich haben möchten. Erwachsene mit Kindern haben zum Beispiel nicht die Möglichkeit oft auszugehen und da sind Online-Events eine gute Möglichkeit. Ich denke, wenn man es richtig macht und eigene Wege geht, werden digitale Veranstaltungen auch nach der Pandemie noch Bestand haben. Zudem bringen Online-Events den Vorteil mit sich, dass man sehr viele Personen erreichen kann, da diese unabhängig von dem Ort, an dem sie sich befinden, teilnehmen können.
Was glauben Sie, wird Ihre Branche in den nächsten Jahren nachhaltig verändern?
Ich denke wir werden lernen müssen, die Anzahl an stationären Geschäften herunter-zufahren und uns auf wenige zu konzentrieren, denn gekauft wird vor allem online. In den Geschäften müssen wir außerdem umdenken und neue Sachen ausprobieren, um die Menschen besser abzuholen und zu begeistern. Außerdem werden auch die sozialen Medien noch stärker an Bedeutung gewinnen. Man muss Follower aufbauen, diese informieren und ihnen vermitteln, wohin sie gehen müssen, wenn sie etwas Leckeres haben möchten.
Wie schaffen Sie es, starke Partnerschaften mit Ihren Kunden und Lieferanten aufzubauen?
Man darf Sachen nicht einmalig tun, sondern die Leute müssen in einen Rhythmus reinkommen. Viele haben vielleicht das Ritual, Freitagabend eine bestimmte Fernsehsendung anzusehen und genau das ersetzen wir. Kundenbindung heißt, man muss die Kunden bei der Stange halten.
Vielen Dank für das nette und aufschlussreiche Gespräch, Herr Oster!